Steuervorbescheide können sich auch für Private lohnen

Bei komplizierten Geschäften wie Unternehmensverkäufen oder Immobiliengeschäften kann aufgrund der teils unklaren Steuerlage ein Steuervorbescheid, auch für Privatpersonen, sinnvoll sein.

Autor: Bernhard Bircher-Suits, Publikation in der NZZ am 19.04.2023

Hans Meister (Name geändert) hat kürzlich Post vom Steueramt erhalten. Die Behörde verlangte von ihm die Einreichung eines «vollständigen Leibrentenvertrags». Das stellt Meister vor ein Problem: Denn ein schriftlicher Leibrentenvertrag mit seinen Eltern existiert nicht.

Hans Meister hat mit seinen Eltern eine mündliche Abmachung getroffen in Zusammenhang mit der Überschreibung der elterlichen Liegenschaft. Er verpflichtete sich mündlich dazu, seinen Eltern lebenslang eine monatliche Ausgleichszahlung beziehungsweise eine Rente zu überweisen. Diese Zahlungen deklarierte er im Folgejahr in seiner Steuererklärung als eine vermeintlich zu 40 Prozent abzugsfähige Leibrente. Doch Meister machte die Rechnung ohne das Steueramt. Es verweigerte vorerst den Abzug und verlangte als Basis für den Leibrentenabzug den «vollständigen Leibrentenvertrag».

Steueramt teilt nicht jede persönliche Einschätzung

Die Steuerverwaltungen stützen sich im Veranlagungsverfahren in der Regel auf die Steuererklärungen, Belege und weitere Untersuchungen ab. Gemäss Olivier Weber, Präsident der Prüfungskommission der eidgenössisch diplomierten Steuerexperten, hat Hans Meister mit einem mündlichen Leibrentenvertrag an sich nicht alles falsch gemacht. Ein mündlicher Vertrag könne auch gültig sein, sollte aber zu Beweiszwecken schriftlich abgeschlossen werden, sagt er.

Ein Leibrentenvertrag müsste gemäss Gesetz für seine Gültigkeit schriftlich vereinbart werden. Bei komplexeren Rechtsgeschäften mit möglichen Steuerfolgen kann es für Privatpersonen sinnvoll sein, eine Steuerexpertin oder einen Rechtsanwalt beizuziehen. Bei unklaren Steuerfolgen sollte man sich zudem rechtzeitig vor einem geplanten Rechtsgeschäft schlaumachen und alles möglichst nachvollziehbar dokumentieren. Denn das Steueramt schätzt eine Handlung eines Steuerpflichtigen gelegentlich komplett anders ein als ein Steuerpflichtiger.

Verbindlichen Steuervorbescheid einholen kann Sinn ergeben

«Hans Meister hätte den Entwurf eines Leibrentenvertrags dem kantonalen Steueramt im Rahmen eines kostenlosen Ruling-Verfahrens zuvor schriftlich zur Prüfung einreichen können», sagt Weber. «So hätte er einen verbindlichen Steuervorbescheid erhalten und damit Rechtssicherheit gehabt.» Gemäss dem Steuerexperten und Rechtsanwalt Christoph Niederer sind Rulings in der Schweiz meist kostenlos. Die Antwortzeiten der Steuerämter betrügen in der Regel mehrere Wochen – je nach Komplexität der Anfrage, vorhandenen Pendenzen und allfälligen Ferienabwesenheiten könne es auch Monate dauern.

Weber fügt hinzu: «Wer ein Ruling-Verfahren am 1. Dezember einreicht, wird sich länger gedulden müssen. Ende Jahr erhalten die Steuerbehörden jeweils sehr viele Anfragen.» Dasselbe gilt gemäss Niederer für die Ferienmonate Juli und August. Im besten Fall kann Hans Meister den vollständigen Leibrentenvertrag nachträglich einreichen und so doch noch Abzüge geltend machen und seine Steuern optimieren. Im schlechten Fall verweigert das Steueramt die steuerliche Abzugsfähigkeit der bereits geleisteten Zahlungen.

Das reale Beispiel illustriert auch, dass nahezu jede wirtschaftliche Entscheidung einer Privatperson Steuerfolgen hat. Das Schweizer Steuerrecht verzichtet aber darauf, eine Regelung für jeden einzelnen Sachverhalt festzulegen. Es ist bewusst relativ offen formuliert und flexibel ausgestaltet. Doch Flexibilität schafft auch Rechtsunsicherheit. Hinzu kommt, dass sich die Fülle an Steuergesetzen, Verordnungen und Gerichtsentscheiden von Privaten und Unternehmen kaum mehr überblicken lässt. Die Steuerbehörden haben in der Beurteilung eines Sachverhalts häufig auch einen gewissen Ermessensspielraum. Doch was ist ein Ruling genau?

Schriftliche und verbindliche Zusicherung des Steueramts

Ein Steuerruling – auf Deutsch auch Steuervorbescheid genannt – liefert eine vorgängige, schriftliche und verbindliche Zusicherung des Steueramtes hinsichtlich der steuerlichen Behandlung eines konkreten, vom Steuerpflichtigen dargelegten Sachverhalts. Im späteren Veranlagungsverfahren kann sich der Steuerpflichtige, sofern er alles richtig gemacht hat, auf die Verbindlichkeit des Steuerrulings berufen.

«Der Steuerpflichtige muss den Sachverhalt aber unbedingt vollständig und richtig darstellen. Unrichtig ist ein Sachverhalt auch dann, wenn rechtlich bedeutsame Elemente unerwähnt bleiben», sagt Niederer. Die umfassende und auch verständliche Darlegung des rechtlich massgeblichen Sachverhalts ist gemäss ihm denn auch die zentrale Aufgabe einer Beratungsperson oder eines Rechtsbeistands. Hierzu gehört erfahrungsgemäss oftmals auch, dass der Berater seinem eigenen Mandanten Informationen entlocken muss, die dieser vielleicht als unwichtig erachtet oder die er lieber nicht erwähnen würde.

Das kantonale Zürcher Steueramt hält in einem Merkblatt fest, dass es eine Beurteilung von steuerrechtlich relevanten Fragestellungen auch vor Einreichung der Steuererklärung vornehmen kann, «sofern es sich dabei um Sachverhalte handelt, die tatsächlich zur Verwirklichung anstehen». Laut Niederer hat ein Steuerpflichtiger aber nicht grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf ein Ruling. «Gelingt es ihm nicht, den Sachverhalt verständlich darzulegen, oder ist dieser zu kompliziert oder zu unbestimmt, kann ihn das Steueramt auf das Veranlagungsverfahren verweisen und ist nicht verpflichtet, die steuerliche Qualifikation bereits im Rahmen eines Ruling-Verfahrens vorwegzunehmen.»

Steuerverwaltung ist keine Rechtsauskunftskanzlei

Mit einem Steuerruling kann auch keine verbindliche Rechtsauskunft zu einem Sachverhalt verlangt werden, ohne dass der Antragsteller selbst eine rechtliche Würdigung abgibt. Grund: Die Steuerverwaltung darf nicht als kostenlose Rechtsauskunft missbraucht werden. Steuerämter sollten auch keine Steuerberatung oder -planung zugunsten von Steuerpflichtigen machen.

Es ist in der Regel auch nicht möglich, im Rahmen einer Ruling-Anfrage mehrere Handlungsvarianten prüfen zu lassen. Es sind auch keine Einigungen ausserhalb des gesetzlichen Rahmens möglich. Rulings ergeben zudem nur bei komplexeren Geschäften Sinn. Einfache Anfragen können im Kanton Zürich zum Beispiel online gestellt werden unter www.steueramt.zh.ch.

Wann ist ein Steuerruling verbindlich?

Die Rechtsverbindlichkeit eines Steuerrulings ergibt sich aus dem in der Verfassung festgehaltenen Grundsatz von Treu und Glauben. Daraus leitet das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung «einen Vertrauensschutz in auch unrichtige Behördenauskünfte» ab. Voraussetzung für die Verbindlichkeit eines Steuerrulings ist, dass

  • sich die Auskunft der Steuerbehörde auf eine konkrete, den Rechtsuchenden berührende Angelegenheit bezieht;

  • die Steuerbehörde, welche die Auskunft gegeben hat, hierfür zuständig war oder der Rechtsuchende sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten durfte;

  • der Rechtsuchende die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres hat erkennen können;

  • er im Vertrauen hierauf nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hat;

  • die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung noch die gleiche ist wie zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung und der Schutz des Vertrauens in die unrichtige Auskunft höher zu gewichten ist als das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung.

Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, ist das Steuerruling selbst dann bindend, wenn die Antwort des Steueramtes falsch ist, mithin Steuerfolgen für einen Sachverhalt bestätigt werden, die der Praxis widersprechen. Bindend ist ein Steuervorbescheid für das Steueramt aber nur, sofern der geschilderte Sachverhalt anschliessend auch genau so umgesetzt wird, wie er vom Steuerpflichtigen im Ruling dargelegt wurde.

Die Steuerbehörden sind bei der Beurteilung von Ruling-Anfragen an dieselben Gesetze, Verordnungen und internen Weisungen gebunden wie bei einer regulären Steuerveranlagung. Wer illegale Steuerpraktiken im Rahmen eines Ruling-Antrags vorschlägt, fällt gemäss Olivier Weber negativ auf. Das Steueramt werde einen solchen Antrag ablehnen – und keinen «legalen Gegenvorschlag» machen. Steuertrickser sind somit gewarnt.

Checkliste zum Thema Steuervorbescheide (Ruling)

Einfache Auskünfte: Allgemeine Auskünfte zu Steuerfragen erteilen in erster Linie die Gemeindesteuerämter. Dafür eignen sich eher einfache Fragestellungen. Allgemeine Auskünfte sind rechtlich unverbindlich.

Identität und Vollmacht: In der Anfrage sind genaue Angaben über den Namen beziehungsweise die Firma und die Adresse der betroffenen Person zu machen, die um eine verbindliche Anfrage ersucht. Handelt eine Fachperson als Vertreter des Steuerpflichtigen, braucht es eine schriftliche Vollmacht.

Rechtsmittel: Ein Steuerruling-Entscheid kann vor Gericht nicht angefochten werden, ein nachträglich erhaltener, vermeintlich falscher Steuerbescheid hingegen schon.

Schriftlichkeit: Anträge sollten immer schriftlich an das zuständige Steueramt gestellt werden. Verbindliche Auskünfte vom Steueramt erfolgen schriftlich.

Steuerrechtliche Beurteilung:Die steuerpflichtige Person muss den Sachverhalt schildern und die eigene steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhalts darlegen sowie den Antrag stellen, diese Beurteilung zu bestätigen. Es kann sinnvoll sein, die steuerrechtliche Beurteilung durch eine qualifizierte Fachperson (Steuerberater, Treuhänderin) vornehmen zu lassen.

Timing: Der Antrag sollte nach Möglichkeit mehrere Wochen oder Monate vor dem geplanten Rechtsgeschäft eingereicht werden, damit die Steuerbehörde genügend Zeit hat, den Antrag zu prüfen und eine verbindliche Auskunft zu erteilen.

Kosten: Ein Steuerruling ist in der Regel kostenlos. Allfällige Kosten entstehen für den allenfalls nötigen Rechtsbeistand und eine Beratung rund ums Steuerrecht.

Vollständigkeit: Damit die Steuerverwaltung einen Antrag prüfen und genehmigen kann, sind eine vollständige und systematische Darstellung des Sachverhalts und eine qualifizierte rechtliche Beurteilung entscheidend.

Verhaltenskodizes: Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV), die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) und Expertsuisse haben gemeinsam mit dem Institut für Finanzwissenschaft, Finanzrecht und Law and Economics (IFF-HSG) einen Kodex für professionell im Steuerbereich tätige Personen erarbeitet. Der «Verhaltenskodex Steuern 2021» liefert weitere Empfehlungen (siehe: https://iff.unisg.ch/projects/verhaltenskodex/). Die Eidgenössische Steuerverwaltung liefert in ihrer «Mitteilung-011-DVS-2019-d» weitere Tipps rund um Steuervorbescheide.

Zuständigkeiten der Steuerbehörde: Da für die Veranlagung der Einkommens- und Vermögenssteuer der jeweilige Kanton zuständig ist, ist auch der betreffende Kanton für das Steuerruling-Verfahren zuständig. Das bedeutet, dass man sich an die Steuerbehörde des Kantons wenden muss, in dem man steuerpflichtig ist. Geht es zum Beispiel um eine Liegenschaft ausserhalb des Wohnkantons, kann es sinnvoll sein, den Ruling-Antrag auch dem ausserkantonalen Steueramt einzureichen. Dasselbe gilt für unterschiedliche Steuerarten: Während für Rulings betreffend die Einkommens- oder Vermögenssteuern grundsätzlich die kantonalen Steuerbehörden zuständig sind, ist ein Ruling mit Bezug auf die Verrechnungssteuer an die Eidgenössische Steuerverwaltung in Bern zu richten.

Lesen Sie den Originalartikel vom 19.04.2023 online auf nzz.ch.

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Corona-Krise: So stopfen Sie Ihre Finanzlöcher möglichst günstig

Die Corona-Krise bringt nicht nur Unternehmen, sondern auch Private in finanzielle Notlagen. Ein Ratgeber für Betroffene.

Von Bernhard Bircher-Suits

Die Corona-Pandemie hat in der Schweiz zum grössten wirtschaftlichen Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg geführt. Eine Folge davon: Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) rechnet damit, dass bald deutlich mehr Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden. Im Vorkrisenjahr 2019 bezogen in der Schweiz 271 400 Personen Sozialhilfe. Die Skos rechnet dieses Jahr im schlechtesten Fall mit über 75 000 neuen Sozialhilfebezügern.

Steuerschulden dürften zunehmen

Auch Christoph Mattes, Schuldenexperte an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), sieht dunkle Wolken am Horizont aufziehen. Er wies in einer Tageszeitung warnend darauf hin: «Die Pandemie wird zu mehr Betreibungen wegen nicht bezahlter Steuern führen.» Gemäss dem Bundesamt für Statistik sind Steuerschulden die häufigste Schuldenform in der Schweiz, vor anderen Rechnungen und Krankenkassenprämien. Bereits heute wird jede fünfte Betreibung in der Schweiz wegen ausstehender Steuern eingeleitet.

Zumindest in Zürich werden für «provisorische Steuerrechnungen» keine Mahnungen und Betreibungen eingeleitet. Wer für 2020 eine zu hohe provisorische Rechnung erhält, kann einfach entsprechend weniger einzahlen. Private, die wegen der Corona-Krise Einkommenseinbussen erleiden, können beim Gemeindesteueramt eine Anpassung der provisorischen Steuerrechnung für die Kantons- und Gemeindesteuern verlangen.

Zahlungsaufschub oder Ratenzahlung vorschlagen

Grundsätzlich gilt: Wer seine Steuern nicht fristgerecht zahlen kann, sollte dem Steueramt so früh wie möglich ein schriftliches, begründetes Gesuch um Ratenzahlung oder einen Zahlungsaufschub unterbreiten. Christoph Mattes von der FHNW warnt aber vor allzu viel Optimismus, wenn bereits Steuerschulden vorhanden sind. Er sagt: «Steuerschulden sind aus Sicht der Schuldenberatung schwer zu regulierende Verbindlichkeiten. Steuern nicht zu bezahlen, kann schnell teuer und für alle Beteiligten ärgerlich werden.»

Die Bezahlung der Steuern sollte man daher nach Möglichkeit nie aufschieben, dasselbe gilt für Krankenkassenprämien. Gut zu wissen: In speziellen Fällen werden Steuern ganz oder teilweise erlassen. Zum Beispiel wenn die Bezahlung unverschuldet wegen Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Unfall eine unzumutbare Einschränkung der Lebenshaltung zur Folge hätte und der Steuerpflichtige über keinerlei Ersparnisse sowie Wohneigentum verfügt.

Wer seine Rechnungen nicht bezahlt und Mahnungen ignoriert, bekommt rasch Post von Inkassofirmen oder vom Betreibungsamt. Doch was tun, wenn wegen der Corona-Krise kurzfristig das Geld fehlt? Und wie kann man finanzielle Engpässe ohne staatliche Finanzspritzen und den Gang zum Sozialamt überbrücken? Max Klemenz, Co-Geschäftsleiter des Vereins Schuldenberatung Kanton Zürich, rät: «Bei Schulden oder finanziellen Engpässen sollte man versuchen, mit den Gläubigern zu verhandeln, und nicht einen Konsumkredit aufnehmen.»

Teure Konsumkredite möglichst vermeiden

Die günstigste Alternative zum teuren Konsumkredit: ein zinsloses oder sehr günstiges Darlehen von Freunden oder Bekannten. Ein Privatkreditvertrag kann mündlich geschlossen werden. Um Missverständnisse oder gar Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich aber, einen schriftlichen Kreditvertrag aufzusetzen. Darlehens- und Kreditzinsen können nur vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden, wenn sie schriftlich dokumentiert sind.

Besonders die Laufzeit, die Kündigungstermine und ein Zins sowie allfällige Sicherheiten sollten im Vertrag klar geregelt sein – sowie der Verwendungszweck. Der Haken: Kann man das Darlehen von Bekannten oder Verwandten nicht fristgerecht oder gar nicht zurückzahlen, macht man sich im privaten Umfeld unbeliebt.
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Stiftungen helfen in der Not

Wer in einer Notsituation Geld braucht oder einen Zustupf für die Zahlung der teuren Aus- oder Weiterbildung, kann sein Glück auch bei wohltätigen Stiftungen versuchen. Die Stiftung Educa Swiss hilft beispielsweise Studenten bei der Planung und der Finanzierung ihrer Aus- und Weiterbildung (https://educaswiss.ch/bildungsdarlehen). Die Stiftung vergibt Studierenden Darlehen zu günstigen Konditionen.

Die elektronischen Stiftungsplattformen Fundraiso.ch und StiftungSchweiz.ch ermöglichen Geldsuchenden eine kostenlose Suche nach Schweizer Stiftungen, welche zum Teil auch Einzelpersonen in Not unterstützen. Je nach Situation ist es auch denkbar, Spenden auf sogenannten Crowddonating-Plattformen zu erhalten – wie zum Beispiel auf https://www.icareforyou.ch.

Wer keine solchen Überbrückungshilfen erhält oder lieber auf anonyme Dienstleister setzt, kann in letzter Instanz auch einen teuren Privatkredit bei Banken, Finanzinstituten oder sogenannten Crowdlending-Plattformen beantragen. Auf Websites wie www.cashare.ch oder www.lend.ch treffen sich Private, die Geld benötigen, und solche, die Geld investieren wollen. Hier kann man gegen Zahlung eines Zinses von anderen, anonymen Privatpersonen die nötige Summe leihen.

In der Schweiz wird häufig auf Konsumkredite zurückgegriffen
Solche Konsumkredite beanspruchen viele Menschen in der Schweiz. Allein im Jahr 2019 wurden laut dem Verein zur Führung einer Zentralstelle für Kreditinformation über 136 000 neue Konsumkredite angemeldet. Der durchschnittliche Kreditbetrag der Neuabschlüsse belief sich auf 32 575 Fr.

Aufpassen sollte man bei Inseraten im Internet. Im Netz tummeln sich viele Schwindler, die vorgeben, einen Kredit zu geben, aber zuerst einmal Gebühren verlangen. Sinnvoll ist es, die zum Teil stark unterschiedlichen Zinsen und Gebühren von (Online-)Kreditinstituten mit einem Internet-Vergleichsdienst unter die Lupe zu nehmen. Einen Privatkredit im Betrag von 10 000 Fr. gibt es gemäss dem Vergleichsdienst Moneyland beispielsweise ab 3,5% Zins pro Jahr (siehe Tabelle).

Die Kreditkosten belaufen sich beim Crowdlending-Anbieter Lend für eine 40-jährige Person aus Zürich bei einer kurzen Laufzeit von 24 Monaten auf 363 Fr. Die monatliche Kreditrate beträgt 432 Fr. Doch solche Konditionen erhalten längst nicht alle. Es gilt wie bei allen Krediten: Je tiefer der Schaufenster-Zins, desto schwieriger ist es, ihn zu ergattern. Zudem sind die effektiven Kosten immer von der persönlichen Situation abhängig.

Gemäss der Schuldenprävention Zürich ist es vielen Kreditnehmern «leider nicht bewusst, dass sie durch die Aufnahme eines Konsumkredits insgesamt weniger konsumieren können, da ein Teil ihres Lohnes für die Zinszahlungen verloren geht». Und die Zinszahlungsdauer ist oft sehr lang. Die durchschnittliche Laufzeit von Barkrediten beträgt in der Schweiz gemäss ZEK-Jahresbericht 2019 rund 58 Monate. Max Klemenz von der Schuldenberatung Kanton Zürich warnt: «Was wir sehen, ist, dass die Kreditnehmer die Zinsbelastung bei langer Laufzeit häufig unterschätzen.»

Ein Kreditvertrag kann innert 14 Tagen widerrufen werden

Wer offene Betreibungen, Verlustscheine oder schlicht keinen regulären Job hat, wird bei seriösen Kreditinstituten ins Leere laufen. Die effektiv zu bezahlenden Zinsen hängen von der Zahlungsfähigkeit (Bonität), der gewählten Laufzeit und weiteren persönlichen Faktoren ab. Immerhin: Mit einer Ratenausfallversicherung können Kreditnehmer bei den meisten Anbietern die Monatsraten gegen Risiken wie Arbeitslosigkeit, Tod und Erwerbsunfähigkeit versichern.

Wer sehr dringend Geld benötigt, muss sich in Geduld üben: Kredit-Antragsteller müssen zum Beispiel bei Cashare rund zehn Tage rechnen, bis ein Darlehen geprüft, bewilligt und ausbezahlt wird. Die vergleichsweise «günstige» Migros Bank verspricht eine Bearbeitung eines Gesuchs innert 48 Stunden. Gut zu wissen: Bis 14 Tage nach Unterzeichnung des Kreditvertrages kann dieser widerrufen werden.

Wer hat Aussicht auf einen Privatkredit?

In der Schweiz besteht mit dem Bundesgesetz über den Konsumkredit seit Anfang 2003 eine landesweit einheitliche Regelung im Umgang mit Privatkrediten. Das Gesetz soll Kreditnehmer vor Überschuldung schützen. Seit dem 1. April 2019 müssen sich auch digitale Crowd-Vermittlungsplattformen wie Lend oder Cashare an das Gesetz halten. Es gilt für Kreditverträge von 500 bis 80 000 Fr.

Das Gesetz ist aber nur anwendbar, wenn der private Kreditnehmer das Geld für private Zwecke aufnehmen möchte. Der FHNW-Schuldenexperte Christoph Mattes sagt: «Das Gesetz hat sich in dem Sinn schon bewährt, die Kreditwirtschaft ist aber einfallsreich, es zu umgehen. Das Gesetz sollte für alle Kreditverbindlichkeiten der Privathaushalte gelten und nicht nur für ganz bestimmte Formen der Verschuldung.»

Bei einer Kreditfähigkeitsprüfung prüft der Kreditgeber von Gesetzes wegen folgende Budgetpunkte: Mietzins/Wohnkosten, Steuern sowie Verpflichtungen, die bei der Informationsstelle für Konsumkredit (IKO) gemeldet sind, wie laufende Kredite und Leasings. Im Jahr 2019 wurden gemäss ZEK-Geschäftsbericht rund 315 000 Kreditgesuche abgelehnt.

Wer eine Kreditzusage erhält, sollte den Vertrag genau prüfen. Der Inhalt eines Konsumkreditvertrags ist gesetzlich festgelegt. So müssen solche Verträge schriftlich geschlossen werden, und der Vertrag muss den Nettobetrag des Kredits festhalten, den effektiven Jahreszins – oder wenn das nicht möglich ist, den Jahreszins und die bei Vertragsschluss in Rechnung gestellten Kosten. Zusätzlich müssen die allfällige Höchstgrenze des Kredits sowie die Rückzahlungsmodalitäten geregelt sein.

Für den Zinssatz gibt es eine Obergrenze

Ein kleiner Wermutstropfen für Menschen in finanzieller Bedrängnis: Konsumkredite mit Zinsen über 10% sind seit Mitte 2016 verboten. Für Überziehungskredite bei Kreditkarten dürfen maximal 12% verlangt werden. Wer noch einen Konsumkredit mit höheren Zinsen am Laufen hat, kann zu einem günstigeren Anbieter wechseln (siehe Kasten). Im Gesetz ist geregelt, dass Kunden Kreditverträge ohne Strafgebühren ablösen können.

Auch den Zeitpunkt des Ausstiegs aus dem alten Vertrag können Kreditnehmer selbst bestimmen – er ist jederzeit kostenfrei. Ausserdem gilt: Wer wegen Lohnpfändung oder Schulden seine Rechnungen nicht mehr zahlen kann, sollte sich an eine Schuldenberatungsstelle wenden. Adressen von seriösen Stellen findet man unter www.schulden.ch.

So lösen Sie einen teuren Kreditvertrag ab
  • Klären Sie beim derzeitigen Kreditgeber die Höhe Ihrer Restschuld ab.
  • Beantragen Sie beim neuen Kreditgeber ein Darlehen in entsprechender Höhe, und teilen Sie ihm mit, dass Sie damit einen bestehenden Kredit ablösen wollen.
  • Nimmt das neue Kreditinstitut den Antrag an, verlangen Sie vom gegenwärtigen Kreditgeber eine Schlussrechnung, und kündigen Sie den alten Kreditvertrag.
  • Stellen Sie sicher, dass der neue Kreditgeber die Restschuld mit dem neuen Kredit bezahlt.

Dieser Artikel ist in der NZZ erschienen.

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