Depotwechsel zu einer anderen Bank: Ein Transfer von wenigen Aktien und Fondsanteilen kostet rasch über 1000 Franken
Wer sein Wertschriftendepot in der Schweiz zu einem anderen Finanzinstitut transferiert, zahlt bei der bisherigen Depotbank hohe Umzugsgebühren. Ein Überblick über die Kosten je nach Bank und über Einsparungsmöglichkeiten.
Autor: Bernhard Bircher-Suits, Publikation in der NZZ am 16.03.2023
Anfang Jahr erhalten Wertschriftenhalter jeweils die detaillierten Depotauszüge ihrer Bank. Darin steht, wie viel ihre Wertschriften Ende Jahr jeweils noch wert sind und welche Renditen sie im vergangenen Jahr erzielt haben.
Das schlechte Börsenjahr 2022 hat in vielen Depots für hohe Buchverluste gesorgt. So erlebte die Wall Street in den USA im Handelsjahr 2022 zum Beispiel ihren tiefsten Fall seit 2008. Der Schweizer Leitindex SMI schloss per Ende 2022 ebenfalls tief: Im Vergleich zum Schlussstand von Ende 2021 resultierte ein Minus von rund 17 Prozent. Auch Krypto-Anleger mussten im vergangenen Jahr untendurch.
Depotauszüge: hohe Buchverluste und Depotgebühren
Die Banken liefern aber nicht nur Depotauszüge, sondern verrechnen auch Depotgebühren. Das sind Spesen, die eine Bank ihren Kunden für die Verwahrung der Wertpapiere in Rechnung stellt. Das Deponieren der Wertpapiere kann beispielsweise im Rahmen einer Börsenhandels-Dienstleistung oder einer Vermögensverwaltung erfolgen.
Die Aargauerin Antonia Müller (Name geändert) erhält die «Gebührenbelastung Depot» ihrer Raiffeisenbank nicht nur einmal Ende Jahr, sondern viermal pro Jahr. Sie ärgert sich daher gerade mehrmals über die Schreiben ihrer regional tätigen Raiffeisenbank: «Mein Depot-Minus betrug im Jahr 2022 rund 25 Prozent, und ich zahle Jahr für Jahr auch noch rund 172 Franken Gebühren für mein Depot im Wert von gerade einmal 75 000 Franken. Und das, obwohl ich meine Obligationen seit Jahren im Depot liegenlasse.»
Die Vermutung liegt nahe: Um die Depotgebühren psychologisch erträglicher zu machen, belasten Banken ihre Spesen in kleinen Tranchen dem dazugehörigen Transaktionskonto.
Untreue Depotkunden werden bestraft
Doch wie kann Antonia Müller Depotgebühren sparen und damit indirekt auch ihre miese Rendite aufpolieren? Was wechselwillige Depotinhaberinnen und -inhaber wissen müssen: Sie werden beim Bankwechsel von ihren bisherigen Instituten mit teilweise happigen Transfergebühren für ihre Untreue «bestraft». Einige Banken nennen solche Spesen auch «Titelauslieferungsgebühren».
Trotz zum Teil abschreckend hohen Transfergebühren (siehe Tabelle) kann sich ein Wechsel zu einer günstigeren (Online-)Bank grundsätzlich rechnen. Die Preisunterschiede bei den Depotgebühren und Handelskosten sind schliesslich gross – vor allem zwischen Online-Banken und Finanzinstituten mit teurem Filialnetz und persönlicher Beratung.
Online-Broker bieten meist tiefere Handelskosten
So müsste Antonia Müller beispielsweise bei der Schweizer Online-Bank Swissquote für ihr Depotvermögen anstatt 172 Franken wie bei Raiffeisen lediglich 100 Franken Depotgebühren im Jahr bezahlen. Bei Postfinance wären es sogar nur 90 Franken «Jahresgebühr». Gar keine Depotgebühren verlangt Cornèrtrader, das digitale Broker-Angebot der Cornèr Bank.
Namhafte Raiffeisen-Konkurrenten wie die Grossbanken UBS oder Credit Suisse zählen nicht zu den günstigen Online-Wertschriftenhändlern in der Schweiz – im Gegenteil. Wer als Gelegenheits-Trader günstige Handelsgebühren sucht und tiefe Depotgebühren bezahlen will, sollte die Konditionen von Schweizer Anbietern wie Cornèrtrader, Flowbank, Swissquote, VZ Depotbank, Keytrade Bank oder den ausländischen Billig-Broker Degiro unter die Lupe nehmen. Reine Online-Börsenhändler eignen sich für Anlegerinnen wie Antonia Müller, die keine Beratung oder Vermögensverwaltung benötigen und Börsengeschäfte auf eigene Faust erledigen.
Transferkosten sind bei der UBS sehr hoch
Antonia Müller hat sich einen Bankwechsel wegen der hohen Depotgebühren schon mehrmals überlegt. Doch ihre Raiffeisenbank «fesselt» sie mit abschreckenden Transferkosten ans Haus. Müller sagt: «Ein Umzug meines Depots würde mich zusätzlich Geld kosten.»
Aber auch Inhaberinnen und Inhaber von Wertschriftendepots bei anderen Banken müssen einen Wechsel zur Konkurrenz teuer bezahlen. Das zeigt ein Vergleich der Transferkosten für zwei Musterdepots bei namhaften Schweizer Banken (siehe Tabelle). Zwischen 50 (Swissquote) und 150 Franken (UBS) verlangen die untersuchten Banken für den Transfer einer einzelnen Position, also beispielsweise für die Anteile eines Fonds oder für einen einzelnen Posten Aktien.
Am teuersten kommt der Umzug der Musterdepots bei der UBS zu stehen. Bei ihr zahlt der Kunde für den Transfer eines Depots mit 5 beziehungsweise 14 Positionen 808 bis 2262 Franken (siehe Tabelle). Die UBS hält in ihrer Antwort auf die Gebührenanfrage fest: «Individuelle Transferkostenvereinbarungen werden individuell und von Fall zu Fall geprüft. Zudem werden die Transferkosten in vielen Fällen von der übernehmenden Bank (teilweise) übernommen.»
Bei Swissquote heisst es etwas verbindlicher: «Für Kunden, die ihr Depot zu Swissquote übertragen lassen wollen, übernehmen wir bis zu 500 Franken der Gebühren.» Cornèrtrader wirbt auch damit, Umzugskosten bis zu 500 Franken zu übernehmen. Antonia Müller hätte an sich noch Glück im Unglück: Da sie nur eine Position im Depot hat, müsste sie vergleichsweise tiefe Spesen für ihren Abgang bei der Raiffeisenbank bezahlen.
Tiefe Auslieferungsgebühren bei Swissquote
Im Vergleich verlangt die Online-Bank Swissquote am wenigsten für einen Depotwechsel. Für den Transfer der beiden Musterdepots stellt der digitale Börsenhändler rund 270 Franken (Musterdepot 1) beziehungsweise 754 Franken in Rechnung (Depot 2). Die Gebühren gestalten sich bei den Banken jeweils unabhängig vom Wert der Anlagen. Entscheidend ist vielmehr die Anzahl der Positionen im Depot.
Richtig ins Geld geht deshalb ein Bankwechsel, wenn eine Person eine Vielzahl verschiedener Aktienpositionen und Fondsanteile hält. Bestraft werden beim Wechsel somit besonders Anleger, die ihr Depot stark mit verschiedenen Fonds und in- sowie ausländischen Titeln diversifiziert haben. Das ergibt aus Risikogründen an sich Sinn, ist beim Umzug aber eine Kostenfalle.
Um die Kosten zu senken, können folgende Tipps helfen: Wer sowieso gewisse Depotpositionen umschichten will, kann diese Titel noch bei der alten Bank verkaufen. Mit dem Ertrag kann man dann bei der neuen Bank neue Wertschriften kaufen und so die Transferkosten sparen. Wer ein grosses Wertschriftendepot im Wert von mehreren hunderttausend Franken zügeln will, sollte bei der zukünftigen Bank fragen, ob sie die derzeit anfallenden und auch die zukünftigen Transferkosten von Wertschriften übernimmt. Solche Kosten sind je nach Dauer der Kundenbeziehung und Kontostand verhandelbar – besonders bevor man das neue Bankkonto und Depot eröffnet.
Depotschliessungen sind in der Regel kostenlos
Immerhin: Die Schliessung von Transaktionskonten und Depots bei der Hausbank ist in der Regel kostenlos möglich. Wer neben dem Depot auch seine Konten zügeln will, sollte sich genau überlegen, welche Leistungen benötigt werden, und für den Umzug einen gewissen Zeit- und Organisationsaufwand einkalkulieren. Auch Daueraufträge und Lastschriftverfahren sowie E-Rechnungen müssen aufs neue Konto übertragen werden.
In der Regel unterstützt einen die neue Bank in Form von Formularen, die nur ausgefüllt und an die entsprechenden Empfänger verschickt werden müssen. Die Seniorin Antonia Müller ist übrigens bei ihrer Hausbank geblieben. Sie sagt: «Ein Wechsel erschien mir dann doch zu teuer und zeitaufwendig.» Der Fall zeigt: Die drohenden «Strafgebühren» wirken.
So klappt der Konto- und Depotwechsel
Informieren Sie sich bei der bisherigen Bank über allfällige Gebühren fürs Auflösen Ihrer Konten. Vor allem Depotschliessungen sind teuer. Fragen Sie bei der neuen Bank nach, ob sie die Depottransferkosten und auch zukünftige Aus- und Einlieferungsgebühren zumindest teilweise übernimmt.
Erkundigen Sie sich bei der neuen Bank nach Depot- und Kontogebühren sowie Zinsen. Günstig fahren Sie in der Regel mit Online-Konten und -Börsenhändlern.
Erstellen Sie eine Liste aller gegenwärtigen Lastschriftverfahren und Daueraufträge, und gehen Sie damit zur neuen Bank.
Teilen Sie der bisherigen Bank alle Änderungen schriftlich mit.
Gleichen Sie den Saldo des alten Kontos aus.
Kontrollieren Sie, ob alle Wertschriften und Konten übertragen worden sind.
Schliessen Sie das Konto.
Lesen Sie den Originalartikel vom 16.03.2023 online auf nzz.ch.
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