Prepaid- und Debitkarten für Jugendliche: welche sich eignen, um die Schuldenfalle und hohe Gebühren zu vermeiden
Plastikgeld verdrängt über kurz oder lang das Bargeld. Doch welche Zahlungsmöglichkeiten sind für junge Menschen preiswert und sinnvoll? Ein Ratgeber und ein Vergleich von Angeboten führender Finanzinstitute.
Autor: Bernhard Bircher-Suits, Publikation in der NZZ am 14.05.2023
Kurt Metzger (Name geändert) ist auf der Suche nach einer bargeldlosen Bezahlmöglichkeit für seine minderjährige Tochter (16 Jahre alt). Der Teenager möchte Einkäufe im Internet und in Geschäften auf eigene Faust erledigen. Zusätzlich möchte Metzgers Tochter selbst Bargeld am Automaten abheben können.
Als verantwortungsvoller Vater weiss Metzger, dass Kinder und junge Erwachsene ohne regelmässiges Einkommen rasch in die Schuldenfalle tappen. Matthias Felix, Leiter Prävention der Schuldenberatung Zürich, sagt warnend: «Bargeldlose Bezahlung ist omnipräsent. Die Gefahr ist, dass Jugendliche durch das digitale Bezahlen den Bezug zum eigentlichen Wert des Geldes verlieren. Auch die Übersicht über die Ausgaben zu bewahren, wird schwieriger.»
Metzger verspricht sich von einer sogenannten Prepaidkarte finanzielle Kontrolle über die Ausgaben seiner Tochter. Mit Prepaidkarten kann der Inhaber schliesslich nur so viel ausgegeben, wie auf dem Konto vorhanden ist. Schulden können gar nicht erst entstehen. Doch welche Anbieter solcher Karten in der Schweiz haben attraktive Konditionen, und sind diese Karten für Jugendliche auch sinnvoll?
Prepaid-Kreditkarte von Swiss Bankers mit vielen Gebühren
Nach einer kurzen Suche im Internet sticht Metzger das Angebot der Swiss Bankers Prepaid Service AG ins Auge. Die Karten des Unternehmens mit Sitz in Grosshöchstetten (BE) werden auch von der Credit Suisse und der St. Galler Kantonalbank vertrieben.
Metzger hat das vermeintlich kostenlose Angebot für seine Tochter im Detail unter die Lupe genommen. «Bei der Benutzung der Karte warten einige teure Überraschungen», sagt er. Für die Karte zahlt ein Kunde zwar keine Jahresgebühr, doch für die Nutzung im In- und Ausland fallen jeweils hohe Gebühren an. Pro Bargeldbezug an einem beliebigen Bancomaten in der Schweiz fällt jeweils eine Gebühr von 5 Franken an. Im Ausland kostet dasselbe Geschäft sogar 7.50 Franken.
Doch bevor die Tochter von Kurt Metzger Geld abheben kann, muss sie die Karte mit mindestens 100 Franken aufladen. Macht sie die Aufladung via E-Banking, wird eine Gebühr von 1,5 Prozent des Ladebetrags fällig. Bei jedem Einkauf – egal, ob im In- oder Ausland – zahlt sie zudem einen Franken.
Vergleich zeigt: Es geht auch günstig
Diese Zeitung hat die fünf grössten Schweizer Banken und ihr Plastikgeld für Kinder und Jugendliche unter die Lupe genommen. Im Vergleich mit dabei waren die Credit Suisse, die Raiffeisen Bank mit Sitz in Zürich, die Postfinance, die UBS und die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Zusätzlich geprüft wurden auch die Konditionen der Smartphone-App «Neon free». Die Bezahl-App wird von der 2017 gegründeten Neon Switzerland AG in Zürich angeboten. Das dazugehörige Konto liegt bei der Hypothekarbank Lenzburg und unterliegt wie bei den Banken der Einlagensicherung bis zu 100 000 Franken.
Neon stellt Banken preislich in den Schatten
Die Tabelle mit Stichdatum 3. Mai dieses Jahres zeigt Folgendes: Mit den tiefsten Gesamtkosten von 13 Franken im ersten und 3 Franken in den Folgejahren bei Neon kann keine der untersuchten Banken mithalten. Die Pluspunkte der Neon-App: Es fällt weder eine Auflade- noch eine Jahresgebühr an. Zudem ist ein Geldbezug am Bancomaten in der Schweiz zwei Mal pro Monat kostenlos möglich. Zusätzliche Bezüge kosten im Inland 2 Franken. Im Ausland kosten die Bezüge pauschal 1,5 Prozent des abgehobenen Betrags.
Bei allen anderen untersuchten Anbietern wird klar: Die Kosten einer Prepaidkarte sind happig. Am meisten zahlt die Tochter von Kurt Metzger mit 120 Franken bei der Raiffeisen Bank Zürich, der Postfinance, der UBS und der ZKB. Das sind 107 beziehungsweise im zweiten Jahr 117 Franken mehr als bei Neon. Bei der Credit Suisse zahlt Metzgers Tochter mit 88 Franken pro Jahr zwar weniger als bei den anderen Banken, jedoch immer noch deutlich mehr als bei Neon.
Keine Argumente für eine Prepaidkarte
Die Erkenntnis des Vergleichs: Prepaidkarten bringen den Kunden viele Gebühren und keine handfesten Vorteile im Vergleich zu Debitkarten. Sie sind daher weder für Jugendliche noch für Erwachsene eine sinnvolle Option. Um bargeldlos bezahlen zu können, reichen Debitkarten, die man bei der Eröffnung eines Jugendkontos in der Regel kostenlos erhält.
Eltern können dank Vollmacht die Ausgaben ihrer Kinder bei Debitkarten problemlos in den Banking-Apps überwachen und zum Beispiel Ausgabelimiten setzen oder Benachrichtigungen bei erfolgten Ausgaben erhalten. «Es gibt heute keinen Grund mehr, weshalb Kinder und Jugendliche eine Prepaid-Kreditkarte anstelle einer Debitkarte benutzen sollten», sagt der Geldexperte Ralf Beyeler von der Vergleichsplattform Moneyland.
Debitkarte als beste Lösung
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Bankkarten kann man mit neusten Debitkarten auch Online-Käufe im Internet tätigen. Matthias Felix, Leiter Prävention der Schuldenberatung Zürich, sagt: «Eine Debitkarte als erste eigene Karte ist sinnvoll. Es kann nur so viel ausgegeben werden, wie vorhanden ist. Das Konto kann nicht überzogen werden. Von klassischen Kreditkarten raten wir ab, weil die Rechnung erst Ende Monat kommt. Zudem wird die Zinsbelastung bei verspäteter Bezahlung häufig stark unterschätzt.» Doch wie teuer sind Debitkarten?
Postfinance Card ohne Jahresgebühr
Der Vergleich der Gebühren und Jahreskosten für Debitkarten unter gleichen Annahmen wie bei den Prepaidkarten macht klar: Debitkarten sind in der Regel deutlich billiger als Prepaidkarten. Die Postfinance sticht mit ihrem Angebot heraus, da sie keine Gebühren verlangt. Allgemein sind die Gebühren überschaubar. Da eine Debitkarte, wie eine Prepaidkarte, immer mit einem Zahlungskonto verbunden ist, fällt die Jahresgebühr vor allem bei Jugendlichen meist weg und reduziert die Kosten nochmals. Vor Bezug einer Debitkarte gilt es darum zu prüfen, wie teuer das dazugehörige Konto pro Jahr ist.
Geld-Tipps für Eltern
Über Geld reden: Nebst der richtigen Wahl von Bankkarte und Konto spielt auch die Erziehung und Aufklärung der Kinder eine wichtige Rolle. Schuldenberater empfehlen, dass Eltern frühzeitig mit ihren Kindern über ihr Konsumverhalten sprechen und ein altersgerechtes Budget erstellen.
Ratenzahlungen vermeiden: Ein Kauf und die Bezahlung von Waren auf Raten bergen die Gefahr einer Verschuldung. Jugendliche ohne festes Einkommen sollten keine Ratenkäufe tätigen.
Keine Kreditkarten: Es ist nicht empfehlenswert, dass Eltern Jugendlichen ihre Kreditkarte überlassen. In der Regel sind die Limiten für Kreditkarten hoch, und die Kinder können damit für einen höheren Betrag einkaufen.
Budget-Apps nutzen: Ein Budget zu setzen, hilft, die Ausgaben im Griff zu halten. Dazu gibt es verschiedene Apps. Der Schuldenberater Matthias Felix empfiehlt die App «BudgetCH». Sie wird von der Budgetberatung Schweiz kostenlos herausgegeben. Damit können Eltern mit ihren Kindern ganz einfach auf dem Smartphone ein Budget erstellen.
Digitale Sparkassen nutzen: Einige Banken bieten ihren Kunden an, das Konto mit digitalen Sparkassen zu verknüpfen. So können Jugendliche Sparziele selbst setzen und lernen, Geld auf die hohe Kante zu legen.
Lesen Sie den Originalartikel vom 14.05.2023 online auf nzz.ch.
Suchen Sie nutzwertige Ratgeber-Texte für Ihren Newsletter oder Ihre Website?
Bei uns sind Sie an der richtigen Adresse.
Kontaktieren Sie uns jetzt für ein kostenloses Erstgespräch. Rufen Sie uns an unter Tel. +41 44 271 02 02. Wir freuen uns auf Sie!