Baurecht Archives - Agentur FundCom - Marketingkommunikation & Fundraising Baurecht Archives - Agentur FundCom - Marketingkommunikation & Fundraising
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Mit einem Baurecht kauft man ein Gebäude nur für eine bestimmte Zeit – ohne dass man Grund und Boden erwirbt. Darauf sollten Interessierte bei Baurechtsverträgen achten.

 


Bernhard Bircher-Suits

21.09.2021, 05.30 Uhr

 

Die Anzeige auf der Immobilienplattform Homegate wirkt verlockend: Die nahe beim Greifensee und bei der Stadt Zürich gelegene 3,5-Zimmer-Eigentumswohnung mit 85 Quadratmetern Wohnfläche und Baujahr 1998 kostet 610 000 Fr. – mit Garagenbox sind es 650 000 Fr. Der Vergleichsdienst Comparis ermittelte für das Objekt einen Marktwert von 721 200 Fr. und verlieh dem Angebot folglich die Top-Note 5,5 für das Preis-Leistungs-Verhältnis. Trotzdem steht die Wohnung bereits seit drei Wochen zum Verkauf. Warum?

Höhe des Baurechtszinses ist oft ein Streitpunkt

Die Antwort steht relativ prominent im Inserat: «Wohnung im Baurecht an bevorzugter Lage.» Baurecht heisst: Ein Käufer erwirbt damit nur die Wohnung über eine vertraglich abgemachte Frist. Das Land bleibt – wie bei allen Immobilien im Baurecht – im Besitz des Baurechtgebers. Ihm muss der Käufer Jahr für Jahr einen Baurechtszins zahlen. Gesetzliche Vorschriften für die Berechnung des Baurechtszinses gibt es nicht – anders als bei Mietzinsen.

Oft ist die Berechnung der Höhe an die Entwicklung der Konsumenten- oder Bodenpreise geknüpft. Je nachdem, in welchem Jahr das Baurecht errichtet wurde, kann der Zins – im Vergleich zu heutigen Tiefzinsen – relativ hoch sein. Ein einmal definierter Baurechtszins führt aufgrund der oft jahrzehntelangen Vertragslaufzeiten nicht selten zu Konflikten. Irgendwann entspricht das Marktumfeld nicht mehr den Annahmen, die dem Baurechtsvertrag zugrunde liegen.

Bei der Festlegung des Baurechtszinses kommt es auch auf die konkreten Verhältnisse an: Handelt es sich um eine Wohn- oder Gewerbeliegenschaft oder einen sozialen Wohnungsbau? Ist die öffentliche Hand Eigentümerin des Bodens? Ist das Grundstück bereits überbaut? Je nach Antwort fällt der Zins höher oder tiefer aus.

Mindestlaufzeit 30 Jahre

Das Baurecht bei der erwähnten Wohnung in Fällanden läuft im Jahr 2090 ab. Ein Baurecht wird per Gesetz auf maximal 100 Jahre begrenzt, kann aber nach Ablauf jeweils verlängert werden. Die Mindestlaufzeit beträgt 30 Jahre – bei Wohnbauten sind 60 Jahre üblich.

Nach Ablauf der Baurechtsdauer steht es den Parteien frei, den Vertrag um weitere maximal 99 Jahre zu verlängern. Wird aber keine Verlängerung gemacht, geht die Immobilie wieder in das Eigentum des Grundeigentümers über («Heimfall»).

Der Vorteil beim Baurecht aus Käufersicht: Im Idealfall müssen für den Kauf eines Eigenheims weniger Eigenmittel aufgewendet werden, da das Grundstück nicht erworben wird. Immobilien im Baurecht können daher für junge Familien mit wenig Eigenkapital und tiefen Einkommen interessant sein. Bei hohen Baurechtszinsen und hohen Amortisationszahlungen gilt es den Preis aber trotzdem kritisch zu hinterfragen.

Bei der Wohnung in Fällanden kommen für den Käufer zum Baurechtszins auch noch Nebenkosten und Hypothekarzinsen dazu. Geht man von einem Kaufpreis von 610 000 Fr. und einer Kreditsumme von 488 000 Fr. aus (80 Prozent Hypothek), kostet allein die 10-jährige Festhypothek bei 1% Kreditzins 4880 Fr. im Jahr.

Bei Immobilien im Baurecht verlangen die Banken zudem meist eine vollständige Rückzahlung der Hypothekarschulden bis zehn Jahre vor Ablauf des Baurechts. Das bedeutet in diesem Fall: Für die Amortisation von 488 000 Franken über 59 Jahre fallen allein 8300 Franken pro Jahr an. Rechnet man alle Kosten zusammen, erscheint der vermeintliche Tiefpreis dann nicht mehr so tief wie auf den ersten Blick.

Käufer müssen auch wissen: Banken machen bei Immobilien im Baurecht viele Auflagen und Einschränkungen, weil der Wert der Liegenschaft schwer zu berechnen ist. Die Restlaufzeit des Baurechtsvertrages, die definierte Heimfallentschädigung (siehe Begriffserklärung) bei Vertragsablauf sowie die eingeschränkte Nachfrage und somit die schwierigere Wiederverkäuflichkeit des Objekts drücken auf den Verkehrswert der Immobilie.

Für den Streitfall: im Vertrag ein Schiedsgericht bestimmen

Immer wieder kommt es im Zusammenhang mit Immobilien im Baurecht zu Streitigkeiten. Wolf S. Seidel, ein auf Baurecht spezialisierter Anwalt der Kanzlei Seidel & Partner in Kloten, sagt, ein typischer Konfliktfall trete auf, wenn der Baurechtnehmer gegen Ende des Baurechts sein Recht nochmals verlängern möchte, der Landeigentümer dies aber nicht wolle, da er beispielsweise eine für ihn günstige wirtschaftliche Heimfallklausel in Anspruch nehmen möchte. Der Baurechtnehmer hat in diesem Fall einen Anreiz, den Unterhalt der Liegenschaft auf ein Minimum zu reduzieren und das Gebäude verlottern zu lassen.

Besonders komplex sind Baurechtsverlängerungen bei Wohnungen im Stockwerkeigentum mit mehreren Eigentümern: «Dafür ist Einstimmigkeit erforderlich. Diese ist oft wegen eines Querulanten, einer dementen Person oder einer ungeklärten Erbschaft nicht zu erreichen», sagt der Notar Thomas J. Wenger von Häusermann + Partner in Bern. Das könne dann zum Heimfall führen.

Hinzu kommt: Baurechtsverträge sind für Laien generell schwierig zu verstehen. Häufiger Streitpunkt ist neben der Berechnung der Baurechtszinsen die sogenannte Heimfallentschädigung nach Vertragsende. Es empfiehlt sich deshalb, im Baurechtsvertrag einen Schätzer sowie ein Schiedsgericht zu bestimmen, das bei Uneinigkeit den Heimfallbetrag festlegt.

Wer eine Immobilie im Baurecht kaufen will, sollte sich von einem Notar oder einem unabhängigen Hypothekarexperten im Detail beraten lassen. Für den Landeigentümer hat die Vergabe eines Baurechts den Vorteil, dass er sein Grundstück nicht definitiv verkaufen muss. Im Gegenzug hat er aber auch während Jahrzehnten keine Verfügungsgewalt mehr. Und falls sich der Baurechtsnehmer nicht an den Vertrag hält, kann es für den Grundeigentümer kompliziert werde

Die wichtigsten Begriffe zum Baurecht in der Übersicht
  • Ausübung des Baurechts: Bei diesem Vertragspunkt wird festgehalten, zu welchem Zweck das Baurecht vergeben wird – zum Beispiel für den Bau oder den Betrieb einer Gewerbeliegenschaft, den Bau eines Mehrfamilienhauses, den Betrieb eines Ausflugsrestaurants oder für den gemeinnützigen Wohnungsbau. 
  • Baurechtszins: Er kann über die ganze Dauer gleich sein, oft ist aber eine Anpassung an die Teuerung üblich. Dies sollte im Vertrag genau definiert sein. Sinnvoll kann eine Anpassung alle fünf Jahre sein.
  • Beurkundung: Das Baurecht bedarf einer öffentlichen Beurkundung und wird meist im Grundbuch als eigenständiges Grundstück eingetragen. Ist der Baurechtsvertrag notariell nicht beurkundet, ist er ungültig.
  • Dauer: Das Baurecht kann auf höchstens 100 Jahre festgelegt werden. Die Dauer wird im Vertrag genau definiert.
  • Eigenbedarf: Einen Eigenbedarf wie bei der Miete gibt es im Baurecht nicht.
  • Erbfall: Eine Immobilie kann man bei seinem Tod an seine Erben weitergeben, sofern der Baurechtsvertrag noch läuft.
  • Heimfallentschädigung: Der Anspruch des Baurechtsinhabers bei der Rückgabe von Haus und Grundstück an den Baurechtsgeber sollte im Vertrag genau umschrieben werden. Der Anspruch sollte berechenbar sein. Für den Fall, dass es zu Meinungsverschiedenheiten kommt, sollte ein neutraler Schätzer benannt werden. Das kann auch ein Unternehmen sein. Eine Formulierung für den Heimfall könnte zum Beispiel lauten: «Der Baurechtsgeber verpflichtet sich, die Gebäude und Anlagen der Baurechtsnehmerin für eine Entschädigung von 100% des Verkehrswertes zu übernehmen.»
  • Steuern: Baurechtszinsen gelten beim Bund und in vielen Kantonen als Anlagekosten und dürfen nicht als Schuldzinsen vom Einkommen abgezogen werden. Baurechtszinsen vermindern aber den Eigenmietwert.
  • Verkauf: Gegen Ende der Laufzeit des Baurechtsvertrags kann ein Verkauf schwieriger werden. Eine kurze Restlaufzeit von zum Beispiel 10 Jahren kann den Verkaufspreis merklich drücken. Entscheidend sind aber auch der Zustand der Liegenschaft und die vertraglich fixierte Heimfallentschädigung.
  • Vorzeitiger Heimfall: Ein vorzeitiger Heimfall ist möglich, wenn ein Baurechtnehmer seine Pflichten grob verletzt. Er zahlt zum Beispiel den Baurechtszins nicht oder lässt die Liegenschaft verfallen oder verletzt weitere vertragliche Bestimmungen. Der Heimfall kann nicht ohne vorherige Androhung und nicht unter einer angemessenen Frist geltend gemacht werden. Die Vertragspartner können sich auch auf einen vorzeitigen Heimfall und die Auflösung ihres Vertrags einigen.

Lesen Sie den Originalartikel vom 21.09.2021 auf nzz.ch

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