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Die Preise sind in der Schweiz bisher nur moderat gestiegen. Wer von stärker steigender Inflation ausgeht, kann sich davor schützen. Dafür kommen verschiedene Geldanlagen infrage.

Bernhard Bircher-Suits
27.11.2021, 05.30 Uhr

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Die Schweizerische Nationalbank (SNB) rechnet im Jahr 2021 mit einer deutlichen Erholung der Schweizer Wirtschaft. Sie erwartet einen Anstieg des Bruttoinlandproduktes (BIP) um rund 3%. Wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Freitag mitteilte, hat das BIP sein Niveau von vor der Corona-Krise mittlerweile klar übertroffen. In Bezug auf die Geldentwertung bzw. die Inflation ist die Lage in der Schweiz noch weitgehend unter Kontrolle. Inflation bedeutet, dass die Preise ansteigen, vor allem beim Konsum. Geld entwertet sich. Für den gleichen Monatslohn können zum Beispiel weniger Waren und Dienstleistungen erworben werden als ein Jahr zuvor.

SNB: Inflation im Jahr 2021 wohl bei 0,5 Prozent

Für das gesamte Jahr 2021 geht die SNB von einer Preissteigerung von 0,5% aus. Für 2022 werden rund 0,7% Inflation vorhergesagt – für das Jahr 2023 dann sogar «nur» 0,6%. Die Hauptgründe für die leicht anziehende Inflation sind gemäss SNB die höheren Preise für Erdölprodukte und Waren, die von Lieferengpässen betroffen sind. Der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) stieg im Oktober 2021 im Vergleich zum Vormonat um 0,3% und erreichte den Stand von 101,6 Punkten (Dezember 2020 = 100).

Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresmonat betrug die Teuerung +1,2%. Dies geht aus den Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor. Der Anstieg um 0,3% im Vergleich zum Vormonat ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, unter anderem auf die höheren Heizölpreise. Die Preise für Gas sind ebenfalls gestiegen, ebenso jene für Treibstoffe. Die Preise für Salate und Fruchtgemüse sind hingegen gesunken.

Die Zinsen wie auch die Inflation bleiben damit in der Schweiz – vor allem auch im internationalen Vergleich – weiterhin tief. Zum Vergleich: Die Inflation in den USA steigt weiter. Im Oktober zogen die Konsumentenpreise in der weltgrössten Volkswirtschaft um 6,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat an. Das teilte das US-Arbeitsministerium mit. In Deutschland ist die Teuerung im Oktober auf 4,5% geklettert. In der Euro-Zone lag die Inflation im Oktober bei 4,1%.

Die Suche nach Schutz

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Inflation ein ohne Vorwarnung auftretendes Phänomen sein kann und dass Anleger die zukünftige Inflationsentwicklung zeitweise komplett falsch eingeschätzt haben. Und das Inflationsgespenst geht auch in der Schweiz um. Viele Anleger befürchten, dass die beispiellosen Stimuli von Regierungen und Notenbanken das allgemeine Preisniveau nach oben treiben.

Nirmala Alther, Sprecherin der Zürcher Kantonalbank, sagt: «Angesichts der anziehenden Inflation stellen wir ein zunehmendes Interesse am Thema Inflationsschutz fest.» In der Schweiz sei allerdings die effektive Nachfrage nach Inflationsschutz-Fonds, die ausdrücklich in inflationsgeschützte Anleihen investieren, immer noch klein. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die Inflationsrate in der Schweiz deutlich tiefer ist als zum Beispiel in Deutschland, sagt Alther.

Daniel Mewes, Leiter Asset Management Solutions und Chief Investment Officer (CIO) bei Postfinance, stellt bei den Postfinance-Kunden hingegen noch kein Umdenken fest: «Bei unseren Anlagelösungen konnten wir keine signifikanten Nachfrageveränderungen in Bezug auf inflationsgeschützte Produkte feststellen.»

Geringere Inflation in der Schweiz

Markus Lackner, Leiter Research beim VZ Vermögenszentrum, sieht in der Schweiz auch in naher Zukunft keine Teuerungsentwicklung wie im Ausland: «Im Vergleich zu den letzten zehn Jahren, in denen sich die Inflation in der Schweiz mehr unter als über der Nulllinie befand, ist in den kommenden Quartalen mit einer erhöhten Teuerung zu rechnen.» Einer der Gründe für diese Diskrepanz sei der anhaltend starke Franken, der die Teuerung von importierten Gütern dämpfe.

Generell schützen Realwerte besser vor einem Kaufkraftverlust als Nominalwerte. Realwerte sind zum Beispiel Investitionen in bestimmte Unternehmen (mittels Aktien oder Aktienfonds), Immobilien oder Edelmetalle. Zu den Nominalwerten zählen auf der anderen Seite Obligationen oder ein Guthaben auf dem Sparkonto. In der Vergangenheit haben alle diese Anlagemöglichkeiten unterschiedlich gut vor einer Teuerungsentwicklung geschützt. Womit klar ist, dass es keinen hundertprozentigen Inflationsschutz gibt. Gegenüber dem Guthaben auf dem Bankkonto schneiden die genannten Möglichkeiten jedoch meist besser ab.

Inflationsgeschützte Anleihen im Fokus

Doch wie können sich Schweizer Anleger gegen die früher oder später steigenden Preise einfach und vor allem kostengünstig wappnen? Als möglicher Schutz gelten sogenannte inflationsgeschützte Anleihen – auch «Linker» genannt. Sie sind – im Unterschied zu normalen Obligationen – an einen Landespreisindex gekoppelt und verfügen während der gesamten Laufzeit über einen Teuerungsschutz, und zwar auf dem investierten Kapital wie auch auf dem Zins. Ein Beispiel: Investiert man jetzt 10 000 Fr., erhält man bei durchschnittlich 2% Inflation in zehn Jahren 12 190 Franken ausbezahlt. Das ist exakt der Betrag, der dann der Kaufkraft von heute 10 000 Fr. entspricht.

Hinzu kommt noch der Zinsertrag. Ihr Prinzip: Je tiefer die Inflationserwartung der Anleger ist, desto weniger attraktiv ist das Instrument für den Schuldner, und umgekehrt. Herausgeber solcher Anleihen sind in der Regel Staaten wie Grossbritannien, Kanada, Italien, Frankreich und Deutschland. Der grösste Markt für inflationsgeschützte Anleihen sind die USA. Fachleute bezeichnen solche Geldanlagen in den USA auch als «Treasury Inflation Protected Securities» (TIPS). Die Schweizer Tresorie bietet keine inflationsgeschützten Anleihen an. Es gilt also, bei solchen Anlagen auf das Währungsrisiko zu achten, schliesslich ist der Franken eine sehr starke Währung.

Finanzhäuser haben Fonds im Angebot

Die NZZ hat bei Banken nachgefragt, welche Geldanlagen sie Privaten anbieten, um sich gegen Inflation zu schützen. Die Grossbank Credit Suisse hat beispielsweise für private Anleger zwei verschiedene Produkte im Angebot: den global investierten «CS (Lux) Global Inflation Linked Bond F und B» in Dollar sowie den «CS (Lux) Inflation Linked CHF Bond F und B» in Franken. Beim ersten Fonds gehen Privatanleger ein zusätzliches Währungsrisiko ein. Er ist mit einer Gesamtkostenquote (TER) von 1,09% zudem nicht ganz billig. Seine Ein-Jahres-Rendite lag am Stichtag, dem 8. 11. 2021, bei 6,04%. Der zweite Fonds in Franken hat eine etwas tiefere TER von 0,99%. Die Fonds-Rendite für ein Jahr lag gemäss Swiss Fund Data bei 4,77%.

Der «Global Inflation Linked Bond F» der CS investiert zu einem grossen Teil in inflationsindexierte Staatsanleihen mit Laufzeiten bis zu zehn Jahren. Zusätzlich werden aber auch Nominalanleihen von staatsnahen Emittenten und Unternehmensemittenten ins Portfolio mit aufgenommen. Der «Inflation Linked CHF Bond F und B» legt die Gelder mehrheitlich in in Franken geführte Nominalanleihen an, wobei auch hier die Laufzeiten kürzer gehalten werden.

Bei beiden Fonds wird der Inflationsschutz auf den Nominalanleihen gemäss Credit Suisse «synthetisch» konstruiert. Damit könne eine «genauere Steuerung der Inflationsrisiken» erreicht werden. Beim «Inflation Linked CHF Bond F und B» würden so auch die Risiken der Schweizer Inflation, wo es keine inflationsgeschützten Anleihen gibt, angenähert. In Bezug auf die Fonds-Kosten gibt es aber deutlich günstigere Alternativen zu den CS-Fonds. So hat der kotierte Exchange-Traded Fund (ETF) «iShares $ TIPS UCITS» eine TER von gerade einmal 0,10%. Seine Ein-Jahres-Rendite betrug Ende September dieses Jahres 4,97%. Studien zeigen immer wieder, dass kostengünstige Fonds in der Regel langfristig eine bessere Rendite erzielen.

Die Migros Bank nennt als Investitionsmöglichkeit den ETF «Xtrackers II – Global Inflation-Linked Bond UCITS ETF» mit einer TER von 0,25%. Dieser ermögliche ein kostengünstiges globales Engagement in inflationsgebundene Anleihen, die von Regierungen von Industrieländern begeben werden und über ein Investment-Grade-Rating verfügen. «Wir empfehlen ausschliesslich passive Produkte, da ein Grossteil der in der Schweiz zum Vertrieb zugelassenen Fonds und ETF in dieser Anlagekategorie ihren Vergleichsindex nach Kosten nicht übertreffen», schreibt Markus Wattinger, Leiter Investment Office bei der Bank.

Worauf bei der Fondsauswahl zu achten ist

Laut Alther sollte bei der Fondsauswahl darauf geachtet werden, dass ein möglichst hoher Anteil an Realwerten im Fonds enthalten ist. Zu den investierbaren Realwerten zähle die ZKB Substanzaktien mit tiefer Verschuldung und hoher Qualität, Immobilien inklusive Infrastruktur, Rohstoffe, Edelmetalle und auch inflationsgeschützte Anleihen.

Mewes mahnt, viel wichtiger als die Auswahl des besten Inflations-Fonds sei es, die langfristige Anlagestrategie nicht aus den Augen zu verlieren. Inflation könne in vielen Formen auftreten: «Ist es eine Konsumgüter-Inflation, oder betrifft es auch die Vermögenspreise wie beispielsweise die von Immobilien? Wie werden in diesem Szenario die Fremdwährungsrisiken eingeschätzt? Erwartet man global eine Inflation, oder beschränkt sich das Szenario auf eine bestimmte Region?»

Gehe man von einer Geldentwertung aus, sei damit allein noch nicht klar, welches Produkt in diesem Szenario «das Beste» sei. Er empfehle immer, den Portfolio-Kontext zu berücksichtigen und eine ansprechende Diversifikation anzustreben. Wichtig bei allen Fonds: Nebst tiefen Kosten sollte der Fonds über eine genügende Risikostreuung (regional und über Emittenten), eine langjährige, konstante Renditeentwicklung und eine ausreichende Grösse verfügen. Sein Volumen sollte also mindestens 50 Mio. Fr. betragen.

Jede Anlageklasse lässt sich theoretisch auch direkt abbilden, ohne dass ein Anlagefonds zum Einsatz kommen muss. «Sinnvoll strukturierte Aktienportfolios können genauso Alternativen darstellen wie ein breit abgestütztes Immobilienportfolio», sagt Mewes. Hierfür brauche es aber vertiefte Expertise und genügend liquide Mittel, um eine geeignete Diversifikation zu erreichen und unnötige Risiken zu vermeiden. «Für die meisten privaten Anleger dürfte daher diese Form der Geldanlagen weniger infrage kommen.» Aus Sicht von Lackner eignen sich als Inflationsschutz vor allem Unternehmen mit hoher Qualität, die solide Cashflows erwirtschaften, wenig verschuldet sind und für ihre Güter bzw. Dienstleistungen eine Preissetzungsmacht haben.

Kryptowährungen als Inflationsschutz?

Und inwieweit können Kryptowährungen ein Ausweg für Privatanleger sein? Das Problem: Die noch jungen Kryptowährungen sind schlicht zu wenig lange auf dem Markt, um beurteilen zu können, ob sie als Inflationsschutz taugen. «Ob Kryptowährungen ebenfalls Eigenschaften im Sinne eines Inflationsschutzes bieten können, wäre reine Spekulation. In drei bis fünf Jahren haben wir möglicherweise erste Antworten darauf», sagt Mewes dazu.

Lesen Sie den Originalartikel vom 27.11.2021 auf nzz.ch oder laden Sie die NZZ-Online-Version mit umfassender Tabelle als PDF.

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