[smart_editor_module_heading size=»h1″ text-align=»» color=»» background-color=»» margin-top=»» margin-right=»» margin-bottom=»» margin-left=»» padding-top=»» padding-right=»» padding-bottom=»» padding-left=»» class=»» data=»» style=»» animation-name=»» animation-duration=»» animation-delay=»» animation-iteration-count=»null» animation-direction=»null» animation-fill-mode=»null» animation-timing-function=»null» ]Wer vertritt mich, wenn ich urteilsunfähig bin?[/smart_editor_module_heading]
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Mit einem Vorsorgeauftrag können Personen jene Vertrauten bestimmen, die sie in finanziellen oder persönlichen Belangen vertreten sollen, wenn sie dazu nicht mehr fähig sind. Die Erstellung durch Dritte kann teuer werden.

Timon Schenker (56, Name geändert) ist selbstständiger Architekt und Inhaber einer Einzelfirma. Er möchte sicherstellen, dass sein Kleinunternehmen in Zürich im Falle eines schweren Unfalls oder Krankheit und einer daraus resultierenden Urteilsunfähigkeit weiter funktioniert. Als urteilsunfähig gilt, wer nicht mehr vernunftmässig handeln kann. Der Architekt möchte, dass seine zwei langjährigen Geschäftspartner in einem solchen Fall den Betrieb weiterführen können. Gründe für eine Urteilsunfähigkeit gibt es viele: Ein Autounfall, eine Demenz oder eine psychische Störung. Verliert eine Person ihre Urteilsfähigkeit, kann sie von Gesetzes wegen nicht mehr frei über ihr Vermögen verfügen und keine medizinischen und juristischen Entscheide mehr fällen. Mit einem sogenannten Vorsorgeauftrag kann eine volljährige und urteilsfähige Person wie Schenker sicherstellen, dass im Fall einer Urteilsunfähigkeit selbst bestimmte Personen wie Familienmitglieder, Geschäftspartner oder auch ein Treuhänder die eigenen Interessen vertritt. In einer separaten Patientenverfügung kann jedermann ausserdem medizinische Massnahmen regeln, die man sich für den Fall seiner Urteilsunfähigkeit wünscht.

Die KESB prüft jeden Vorsorgeauftrag
Eine Urteilsunfähigkeit wird meist durch Angehörige, Nachbarn oder medizinisches Personal der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) gemeldet. Damit die KESB einen Vorsorgeauftrag für gültig erklären kann, muss die Behörde prüfen, ob die Urteilsunfähigkeit ärztlich bestätigt, der Vorsorgeauftrag gesetzeskonform errichtet wurde und die eingesetzten Personen oder Unternehmen geeignet sind, den Auftrag zu erfüllen (siehe Kasten). Sofern die im Vorsorgeauftrag eingesetzten Personen fähig und willens sind, den Auftrag zu übernehmen, werden sie von der KESB «validiert». Diese Validierung ist ein schriftlich begründeter Entscheid, in dem die KESB den Vorsorgeauftrag für wirksam erklärt und die vorsorgebeauftragten Personen und deren Aufgaben und Berechtigungen bezeichnet. Damit besteht eine öffentliche Urkunde, mit der sich die vorsorgebeauftragten Personen gegenüber Dritten ausweisen können. Im Beispiel Schenker könnten sich die beiden Geschäftspartner somit auf diese Urkunde abstützen. Architekt Schenker kann in seinem Auftrag zum Beispiel konkrete Handlungsanweisungen festhalten, wie seine Geschäftspartner ihre Tätigkeit auszuüben dürfen. Solange eine Rechtshandlung wie zum Beispiel der Zugriff auf das Geschäftskonto vom Vorsorgeauftrag gedeckt ist und auch kein Interessenkonflikt besteht, muss nicht jeweils noch das Einverständnis der KESB eingeholt werden.

Unternehmensinhaber sollten auch Vollmachten und Unterschriften regeln
Gabrielle Sigg, Teamleiterin Nachlass beim VZ VermögensZentrum, empfiehlt vorsorglich auch Bankvollmachten für Geschäftspartner auszustellen und allenfalls die Unterschriftsregelungen im Handelsregister so zu regeln, dass eine Firma handlungsfähig bleibt. «In komplizierten Fällen kann es bis zum Validierungsentscheid der KESB einige Monate dauern. Es gilt daher die Handlungsfähigkeit des Unternehmens sicher zu stellen.» Bei Unternehmen mit Aktionären und Mitgliedschaftsrechten fügt das VermögensZentrum bei Bedarf einen Passus in den Vorsorgeauftrag mit ein, womit die beauftragte Person befugt wird, an der Generalversammlung bzw. der Gesellschafterversammlung das Stimmrecht weisungsfrei auszuüben. Zudem kann die beauftragte Person ermächtigt werden, Aktien bzw. Stammanteile zu verkaufen.

Ehegatten und eingetragene Partner brauchen meist keinen Vorsorgeauftrag
Bei Ledigen oder Verwitweten ohne Vorsorgeauftrag ernennt die KESB jeweils einen Beistand, wenn sie urteilsunfähig werden. Ehegatten und eingetragene Partner erhalten auch ohne einen Vorsorgeauftrag ein Vertretungsrecht. Gemäss der Schweizer Behindertenorganisation «Pro Infirmis» besteht dieses Vertretungsrecht aber nur «wenn die Beziehung tatsächlich gelebt wird, d.h. wenn das Paar einen gemeinsamen Haushalt führt oder wenn im Falle eines Heimaufenthalts der Partner bzw. die Partnerin der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leistet.» Das gesetzliche Vertretungsrecht im Bereich Wohnen umfasst gemäss der Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz KOKES den Abschluss, die Änderung oder Aufhebung eines Betreuungsvertrags mit einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung. Im Bereich Finanzen können Ehegatten und eingetragene Partner/innen die üblichen Zahlungen und Vermögensverwaltungshandlungen erledigen.

Personensorge, Vermögenssorge und Vertretung im Rechtsverkehr
Im Vorsorgeauftrag kann eine Person festhalten, welche Aufgaben die bezeichneten Personen wahrnehmen sollen. Dabei kann es sich um die Personensorge (Öffnen der Post, Betreuung, Pflege, medizinische Versorgung, etc.), die Vermögenssorge (Verwaltung des Einkommens und Vermögens, Abwicklung des Zahlungsverkehrs etc.) und die Vertretung im Rechtsverkehr drehen. Beim Aufsetzen des Auftrags muss man sich strikte an die gesetzlichen Formvorschriften halten (siehe Kasten). Die KESB der Stadt Zürich hat in den Jahren 2013 bis 2018 insgesamt 92 Vorsorgeaufträge validiert. Weitere zehn Vorsorgeaufträge konnten nicht validiert werden und es musste eine Erwachsenenschutzmassnahme angeordnet werden. In vier Fällen hatte der Vorsorgeauftrag Formfehler und war daher ungültig.

Beratung bei Pro Senectute, Caritas oder Pro Infirmis
Unterstützung bei der Auftragserstellung erhalten Personen bei den Beratungsstellen von Pro Senectute, Caritas oder Pro Infirmis. Es gibt auch digitale Helfer wie die Plattform E-Vorsorgeauftrag.ch. Hier lässt sich online kostenlos ein individualisierter Vorsorgeauftrag mit zusätzlicher Patientenverfügung erstellen. Einzelunternehmer Schenker kann den Vorsorgeauftrag somit entweder auf eigene Faust erstellen oder ihn zusammen mit einem Notar schreiben und das Dokument am Wohnort beurkunden lassen. Die Vobox AG in Bäch im Kanton Schwyz hat sich auf diesen Service spezialisiert. Das Unternehmen bietet einen Vorsorgeauftrag für Paare für pauschal 1500 und für Einzelpersonen für 1000 Franken an. Dazu kommen im Kanton Schwyz noch 150 Franken für die Beurkundung beim Notar. Bei der Advokatur «Bleuer und Klegler» in St. Gallen kostet ein Vorsorgeauftrag inklusive Beurkundung «ab 380 Franken». Peter Burri, Leiter Marketing und Kommunikation bei Pro Senectute Schweiz, sagt: «Das Geschäft mit Vorsorgeaufträgen ist ein spannender Markt, bei dem verschiedene Player wie Banken, Versicherungen und Notare sowie private Firmen aktiv sind. Es besteht aktuell ein gewisser Wildwuchs und die Angebote sind zum Teil nur schwer vergleichbar.» Es gibt bei komplexen Ausgangslagen somit nur eine Lösung: Vor eine Beratung mehrere Offerten einholen.

Autor: Bernhard Bircher-Suits
Dieser Artikel ist in der NZZ vom 6.4.2020 erschienen.

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