Das Angebot an Zweitwohnungen übersteigt die Nachfrage bei weitem. Folge: Die Preise kommen langsam ins Rutschen.
Ende September 2010 wurden in touristischen Gemeinden der Schweiz 5955 Eigentumswohnungen zum Verkauf angeboten. Gemäss Zahlen des Beratungsunternehmens Wüest & Partner sind jetzt – drei Jahre später – 7863 Ferienwohnungen im Angebot, rund ein Drittel mehr. Der Bauboom zeigt auch Folgen bei den Preisen: Gemäss den neusten UBS-Immobiliendaten stiegen sie für Eigentumswohnungen und Häuser in den Schweizer Tourismusgebieten im laufenden Jahr nur noch um 2 Prozent – halb so stark wie im Vorjahr. In den fünf teuersten Tourismusregionen Oberengadin, Gstaad BE, Verbier und Zermatt im Wallis sowie Klosters-Davos GR sind die Preise dieses Jahr stagnierend oder leicht rückläufig. Laut Wüest & Partner sanken die Preise der im Internet und in Zeitungen angebotenen Immobilien z.B. in Zermatt dieses Jahr um 0,6 Prozent, in Saanen sogar um 5,3 Prozent (siehe Tabelle). Das grössere Angebot hängt unter anderem mit dem Bauboom zusammen, den die im Frühling 2012 vom Volk angenommene Zweitwohnungsinitiative auslöste. Die Initiative beschränkt die Anzahl Ferienwohnungen je Gemeinde auf 20 Prozent. An vielen Orten haben die Behörden vor Inkrafttreten der Beschränkung ausserordentlich viele Baubewilligungen erteilt. Die Bauwirtschaft war nicht in der Lage, kurzfristig alle bewilligten Projekte zu erstellen. Deshalb ist mit einem noch rund drei Jahre anhaltenden Bauboom zu rechnen. Er wird zu einem noch grösseren Angebot führen – und zu noch mehr sinkenden Preisen.
Geringere Nachfrage von Ausländern führt zu sinkenden Preisen
Das Oberengadin mit Gemeinden wie St. Moritz und Samedan verzeichnete bei den Quadratmeterpreisen von Eigentumswohnungen über die vergangenen fünf Jahre betrachtet gemäss UBS-Angaben jährliche Preisschübe von 4,3 Prozent. Per Ende September 2013 lag die Wachstumsrate im Vorjahresvergleich nur noch bei 0,1 Prozent. Die Immobilienpreise in Inseraten sanken laut Wüest & Partner dieses Jahr z.B. in St. Moritz um 3,9 Prozent, in Samedan um 4,3 Prozent, in Samnaun und Scuol im Unterengadin um 4,4 Prozent. Mit ein Grund für die tieferen Preise ist die sinkende Nachfrage für Schweizer Ferienwohnungen aus dem Ausland. Vor drei Jahren erhielten noch 1854 Käufer mit Wohnsitz im Ausland eine Bewilligung für den Kauf einer Wohnung, vorletztes Jahr waren es bloss 1330. Die Zahlen für 2012 publiziert das Bundesamt für Justiz erst im Frühling 2014.
Mit welchen Preisen müssen Käufer in den Skiorten aktuell rechnen? Wo gibt es hohe Leerstände und viele bewilligte Neubauprojekte? Und in welchen weniger populären Skiorten findet man günstigeren Wohnraum? In den zehn Top-Skiorten bewegen sich die von den Grundbuchämtern registrierten Preise für eine Eigentumswohnung zwischen 9050 (Engelberg) und 17000 Franken (Pontresina) pro Quadratmeter (siehe Tabelle Seite). Die in Inseraten verlangten Preise liegen jedoch deutlich tiefer, nämlich zwischen 7630 und 14290 Franken. Im Engadiner Nobelort St. Moritz erzielte eine 5-jährige Eigentumswohnung mit 110 Quadratmeter Fläche an guter Lage und mit komfortablem Ausbau einen Verkaufspreis von 1,83 Millionen Franken. Eine vergleichbare Wohnung kostete in Arosa «nur» 1,085 Millionen Franken, in Engelberg 996000 Franken.
Orte mit über 20 Prozent Zweitwohnungen sind für Käufer interessant
Im Obwaldner Ferienort Engelberg wurde eine durchschnittliche 4,5-Zimmer-Eigentumswohnung mit gutem Ausbaustandard im Durchschnitt für 9050 Franken pro Quadratmeter verkauft. In Kerns OW (Melchsee-Frutt) kostete der Quadratmeter für so ein Objekt 7140 Franken, in Flühli Sörenberg LU nur noch 5550 Franken. Ein Wohnungskauf zum jetzigen Zeitpunkt könnte sich vor allem in Gemeinden mit bereits mehr als 20 Prozent Zweitwohnungen lohnen. Denn hier gibt es bald keine neu erstellten Ferienwohnungen mehr, sondern nur noch «Occasionen ». Robert Weinert von Wüest & Partner glaubt: «Mittel- und längerfristig ist in diesen Gemeinden mit stärkeren Wertsteigerungen zu rechnen, weil die Volksinitiative ihre volle Wirkung entfaltet.» Sollte zudem der Schweizer Franken im Vergleich zum Euro wieder schwächer werden, dürfte die Nachfrage aus dem EU-Raum die Preise wieder in die Höhe treiben. Allerdings erst, wenn der Vorrat an leeren Wohnungen sehr deutlich zurückgeht.
Bernhard Bircher-Suits
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