Wer eine Eigentumswohnung kauft, muss wissen: Längst nicht alles, was unterschrieben wird, ist gültig. K-Geld sagt, worauf Käufer achten sollten.
Nach Schätzungen des Stockwerkeigentümerverbands kommen jedes Jahr 10000 bis 15000 Neubauwohnungen im Stockwerkeigentum auf den Markt. Den Traum von den eigenen vier Wänden können sich Interessenten zum Beispiel in der Wohnüberbauung Guggach in Zürich-Unterstrass erfüllen. Hier baut der Generalunternehmer Allreal seit Anfang Juni 2013 rund 200 «exklusive» Eigentumswohnungen. Die Fertigstellung ist für Anfang 2016 geplant. Hanspeter Sturzenegger (40, Name geändert) aus Zürich interessierte sich bereits vor Baubeginn für eine Fünfeinhalb-Zimmer-Wohnung. Kostenpunkt: rund 1,7 Millionen Franken. Gemäss Reservationsvereinbarung der Allreal muss ein Käufer eine «nicht zu verzinsende» Reservationsgebühr von 60 000 Franken im Voraus leisten. Die Gebühr wird im später zu vereinbarenden Kaufvertrag vom Kaufpreis abgezogen. Aber: Ginge die Generalunternehmerin vorher pleite, wäre der Betrag verloren.
Reservationsvertrag: Auf den Baubeschrieb ist noch kein Verlass
Kaufwillige sollten sich also vor einer Reservationszahlung über die finanzielle Situation des Verkäufers und dessen Seriosität erkundigen. Es empfiehlt sich, mindestens Auskünfte beim Betreibungsamt sowie bei Banken einzuholen. Mit einem Reservationsvertrag hat man weder einen Werk- noch einen Kaufvertrag unterzeichnet. Das gilt auch bei Allreal. Das bedeutet: Auf den Baubeschrieb ist noch kein Verlass. Die Sturzenegger im Frühling 2013 vorgelegten Pläne und Unterlagen waren denn auch als «provisorische Dokumente» bezeichnet. Aus allfälligen Änderungen und Anpassungen würden «keinerlei Ansprüche seitens des Käufers» resultieren. Generalunternehmer Allreal bestätigt dies und schreibt: Ein detaillierter Baubeschrieb werde jeweils erst nach Erhalt der Baubewilligung erstellt. Aber auch dann seien Änderungen noch möglich. Ein Reservationsvertrag muss vom Notar öffentlich beurkundet werden, damit er gültig ist. Doch gemäss Allreal werden ihre Reservationsverträge nicht notariell beurkundet, erst die Kaufverträge. Daher verpflichtet der Reservationsvertrag beide Parteien zu nichts. Der Vorauszahler kann seine Anzahlung jederzeit zurückfordern, und der Verkäufer muss die Reservationszahlung vollumfänglich zurückerstatten. Sturzenegger sah schliesslich von der ungesicherten Reservations zahlung von 60 000 Franken ab: «Mir erschien das Risiko zu hoch, für eine Wohnung im Planungsstadium so viel Geld im Voraus zu zahlen.» Hinzu kam: Es gab in diesem frühen Stadium weder einen detaillierten Baubeschrieb noch ein überprüfbares Stockwerkeigentümer-Reglement, geschweige denn eine Hausordnung. Sturzenegger bleibt vorläufig Mieter. «Neun von zehn Käufern unterschreiben, obwohl sie nicht alles verstehen» Wer den Schritt zum Wohneigentümer trotz solcher Unwägbarkeiten wagt, sollte neben einem Reservationsvertrag auch den Kaufvertrag und den sogenannten Begründungsakt durch eine Fachperson prüfen lassen. Dominik Romang, Zürcher Rechtsanwalt und Präsident des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes, mahnt: «Neun von zehn Käufern setzen ihre Unterschrift unter einen Vertrag, obwohl sie gar nicht alles verstanden haben.»
Neubau: Baubeschrieb von Fachleuten überprüfen lassen
Bei Neubauten sollte man auch den Baubeschrieb im Detail prüfen lassen. Romang: «In einem mir bekannten – völlig ungenügenden – Baubeschrieb stand bezüglich Badezimmerarmaturen nur allgemein, es würden ‹Schweizer Qualitätsprodukte› eingesetzt.» Der Generalunternehmer habe diesen Freipass ausgenutzt und dann jeweils nur die günstigsten Schweizer Produkte verwendet. Romang warnt: «Ein Baubeschrieb sollte sehr detailliert sein und dem Generalunternehmer möglichst wenig Spielraum lassen.» Idealerweise werden Produktnamen und Modelle aufgelistet. Eine weitere Fallgrube: Der Generalunternehmer räumt sich im Vertrag das Recht ein, jederzeit Anpassungen im Grundbuch oder am Projekt als solches vornehmen zu dürfen. Das kann dazu führen, dass zum Beispiel die Garagenplätze anders angeordnet werden. Romang vom Stockwerkeigentümerverband kennt weitere Probleme. In einem Fall habe ein Verkäufer dem Käufer versprochen, dass er vor dem Mehrfamilienhaus einen Gemüsegarten anlegen könne. «Doch im Stockwerkeigen tümer-Reglement war eine solche Nutzung des gemeinschaftlichen Gartens nicht vorgesehen.»
[/smart_editor_module_wysiwyg]